Es ist tatsächlich immer noch so. Auf meinen Wanderungen durch die heimischen Wälder sind kaum Menschen anzutreffen. Gerade jetzt finde ich wäre so ein Gang wichtig. Wichtig deshalb weil hier wohl, wenn man danach sucht, ein Schlüssel zu finden wäre um das Bewusstsein von sich selbst zu stärken. Das braucht man um erhobenen Hauptes durch die aktuellen Zeiten gehen zu können.

Oft geraten wir bei den Tagesfragen, zum Beispiel wie gehe ich mit meinen Ängsten um, wie kann ich kräftemäßig den Tag durchstehen in eine Endlosschleife. Die hat nicht Anfang und nicht Ende und von innerer Stärkung kann dann keine Rede mehr sein.

Aber wenn wir uns derzeit so schnell in den Alltagsdingen festfahren hilft meist nur ein kräftiger Perspektivwechsel. Wie wäre es denn mit dem nächstgelegenen Wald? Der ist immer da. Die Bäume darinnen laufen vor uns nicht weg und wenn wir lange genug verweilen passiert etwas mit uns. Die Verbindungen der Wälder zu uns Menschen sind viel intensiver als wir wahrhaben wollen.

Wussten Sie, dass jeder Mensch passend zum Geburtsdatum auch einen Geburtstagsbaum hat? Im Januar sind das nach den Angaben des heilkundigen Pfarrers Hermann Josef Weidelener  Ulme, Pappel und Zypresse. Es lohnt sich in jedem Falle die Beschreibung der mir ganz persönlich zugeteilten Baumart etwas genauer zu studieren

Die Bäume haben uns wirklich etwas zu sagen, wenn wir dafür innerlich bereit sind, besonders in stürmischen Lebenszeiten wo ständig alles auf und ab wogt.

Bei den von mir schon öfter in Anspruch genommenen Kelten und Germanen galt der ganze Wald als Tempel und heiliger Ort. Langsam beginnen wir klugen Neuzeitler wieder zu begreifen warum das so ist.

Tatsächlich genügen manchmal lange Wanderungen um diese Welt hautnah zu spüren. Man kann das durch vielerlei bewusstes Einlassen und Hinzugehen noch verstärken.  Zum Beispiel durch genaues beobachten. Eines wäre allerdings wichtig. Im Gegensatz zu uns meist herum hetzenden Wesen haben Bäume Zeit, viel Zeit. Was zählen für einen Baum schon hundert Jahre. Also mit der „To do Liste – alles noch zu erledigen heute“ in der Tasche- kommen wir in der Tat nicht zueinander. Ab vier Stunden im Wald bleiben, wird es erst spannend.

In den letzten Schneetagen haben wir mit unseren Lieben eine Vollmond- Wanderung unternommen. Der mitgehenden Kinderschar war es in diesem Dämmerlicht zunächst einmal recht bange und unheimlich. Es brauchte etwas Zeit und Nähe zu Mami und Papa bis sie sich gewöhnt hatten. Gespannt aber hörten sie den von Zeit zu Zeit erzählten Märchen zu. Viele dieser Märchen  beschreiben den Wald als großzügigen Gastgeber und magischen Ort. Und das ist er auch. Die Schneekristalle glitzerten im Mondlicht. Die Bäume wirkten wie  weiße Zauberriesen die gut auf uns aufpassten. Als wir dann schließlich aus dem Wald heraustraten und den Blick auf die erleuchteten Städtchen und Dörfer hier im Gebirge richteten, durchströmte uns alle ein erhebendes Gefühl von Geborgenheit in einer uns wohlgesinnten Welt, wo dann alles doch irgendwie gut wird.

Jens Bitterlich