Das ist nun einmal ein wirklich schwieriges Thema, für Erwachsene mit besten pädagogischen Absichten.

Ihr findet einen solchen Eingangssatz ziemlich übertrieben? Und doch ist der Wald in dem was sein Innerstes zusammenhält, um Herrn Goethe schon einmal zu bemühen, der totale Gegenentwurf von unserer heutigen modernen Lebensauffassung.

Wer also mit gut gemeinten inneren Erwartungen und besten pädagogischen Absichten Kinder in den Wald schleppen möchte, sollte lieber alleine gehen und mit allen Sinnen genau beobachten was da vor sich geht.

Wir Erwachsenen haben dann den Wald selber nötig und das ist auch in Ordnung so.

Bäume durchleben nicht so etwas wie unsere Menschenwelt. Sie gehen in keine Erziehungs- und Bildungseinrichtung in der ständig erklärt wird wie was gedacht und gemacht werden muss.

Bäume nachdem sie ihr Sein, feste Wurzeln, starker Stamm, gut gewachsene Krone, stabilisiert haben, denen ist wahrscheinlich Machtgehabe, Wachstum um jeden Preis, Eroberung des Standortes ohne Rücksicht auf Verluste, also all das militarisierte Ellenbogen- und Vorwärtsdenken von uns Menschen nicht eigen. Aber das müssen wir, unsere Kinder und Kindeskinder noch genauer herausfinden. Die Zeitdimensionen von Baum und Mensch gehen halt nicht wirklich zusammen.

Eines ist aber doch klar. Bäume werden vom realen Leben geformt. Das definiert aber bitte nicht in aktuell menschlichen Kategorien.

In den jungen Bäumen stecken unendliche Entwicklungsmöglichkeiten, genau wie in unseren kleinen Kindern. Ist es da noch verwunderlich, dass sie dem System Wald um Lichtjahre näher sind als wir.

Wer Kindern einen Aufenthalt im Wald zumutet, mache bitte seinen Kopf frei, frei von den inneren Erwartungsbildern und entdecke in sich den staunenden Beobachter wieder.

Von Mama und Papa haben sie etwas geschenkt bekommen, das Leben und einen kleinen noch völlig unverbrauchten Körper. Nun sind die kleine wunderbare Seele und der kleine Geist dabei ihn in Besitz zu nehmen und zu einem unverwechselbaren Ich zu formen. Entdecke die unendlichen Möglichkeiten die darin liegen und entdecke diese Möglichkeiten im Seelenverwandten Wald.

Eine Bitte sei vorweg noch ausgesprochen. Es könnte sein, dass eure Kleinen vor ihrem Aufenthalt schon reichlich angefüllt sind mit Erwachsenenbildern, Erwachsenenvorstellungen, dem Bedürfnis euern Erwartungen gerecht zu werden, die offenen Sinne leicht verstopft. Gebt ihnen daher etwas Zeit wieder bei sich und damit im Wald anzukommen. Kommt öfter und übt euch in der Kunst der Zurückhaltung.

Wenn wir jetzt mit den Kleinen im Wald sind, heißt das gar nichts tun nur beobachten?

Nun wichtiger wäre, den Kopf von guten pädagogischen Absichten zu leeren. Einen Spielanlass geben, wie ein paar Äste für eine Laubhütte zu holen ist sicher sinnvoll und hoffen dass die Kleinen darauf eingehen. Wenn, und ich bin überzeugt sie werden darauf eingehen, dann übernimmt der Wald. Im Wald wirken die Kräfte des Lebens. Diese Kräfte konzentrieren sich wie im Punkt beim Samen. Keimt er und treibt die ersten Blättchen breitet sich das Leben aus, zieht sich im Stängel für das Wachstum nach oben wieder zusammen um sich wieder auszubreiten, wieder zusammenzuziehen, wieder ausbreiten und zum Schluss zieht es sich in den Punkt konzentriert zurück. Das hat der Naturforscher Goethe , ja das ist der selbe der den Faust geschrieben hat, zuerst beobachtet. Die Kleinen, was tun die? Sie breiten sich aus im Gelände, entfernen sich,, sammeln und kommen zum Zentrum zurück. Noch ein Weiteres erfahren sie ohne Worte von ihrem großen Lehrmeister: Am Besten geht es mit Kooperation.

Ihr Erwachsenen könnt noch weiter dem Wald assistieren. Gestaltet etwas mit den Kleinen schön. Zeigt ihnen, wie sich etwas formen lässt, wie weit ein herumliegender Ast euren Biegekräften wiedersteht oder dann auch nicht. Singt Lieder gemeinsam, erzählt kleine Sprüche oder Geschichten. Noch wichtiger lauscht dem Lied des Waldes. Vielleicht wird das etwas dauern aber irgendwann werdet ihr es hören. Das heißt ihr werdet wiederkommen müssen, oft wiederkommen müssen. ...

Und ihr habt jetzt wohl schon ein bisschen das Gefühl vom Wald ausgeschlossen zu sein.

Nein so möchte ich nicht verstanden werden. Für Euch ist der Besuch im Wald auch wichtig. Auch ihr braucht Anregungen zu einem anderen Lebensentwurf, sollt erkennen, wie erfolgreich richtig gute Kooperation und wie kurzsichtig Konfrontation ist. Aber das macht bitte unter euch, ohne die Kleinen aus.

Ganz nebenbei profitiert ihr aber auch bei den Waldgängen mit euren Kindern.

Die Jahrtausende alte enge Verbindung Mensch- Wald funktioniert auch heute noch. Da sind Pflanzenhormone, Terpene, die der Baum zur Kommunikation ausströmt. Im Lauf der Zeiten hat es sich so ergeben, dass diese Terpene unser Immunsystem auf Touren bringen können.

Gleichzeitig kommen wir in die Entspannung, fassen mehr Vertrauen in uns. Das macht diese Umgebung der Kooperation.

Nicht zuletzt ist es ein beglückendes Gefühl Kinder zu erleben die mit jedem Waldbesuch immer mehr zu sich kommen um dann vielleicht so ganz bei sich zu wirken.

Jens Bitterlich